Die Kinder-KD
Kinder mit Rheuma brauchen unsere volle Aufmerksamkeit
Die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zählen zu den häufigsten chronischen Krankheiten des Kindes- und Jugendalters. Schätzungsweise sind hiervon ca. 20.000 Kinder und Jugendliche bundesweit betroffen. Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist mit einer Prävalenz von etwa 100/100.000 und mit einer Inzidenz von 10/100.000 Kindern unter 16 Jahren die häufigste chronisch entzündlich-rheumatische Erkrankung. Hinzu kommen Kinder und Jugendliche mit anderen Krankheitsbildern des rheumatischen Formenkreises wie Kollagenosen, Vaskulitiden und periodischen Fiebersyndromen. Die Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher (Kinder-KD) stellt Informationen zur klinischen Präsentation der juvenilen rheumatischen Erkrankungen, den Behandlungen und assoziierten Outcomes bereit.
Erfassung eines Großteils aller in Deutschland erwarteten Fälle kindlichen Rheumas
Die Kinder-KD wird seit dem Jahr 1997 bundesweit durchgeführt. Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) empfiehlt die Teilnahme als qualitätssichernde Maßnahme. Mit der Dokumentation werden 1-mal pro Jahr an kinderrheumatologischen Einrichtungen vorstellig werdende Kinder und Jugendliche mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und deren behandelnde Ärzte gebeten, standardisierte Arzt- und Patienten- bzw. Elternfragebogen auszufüllen. Dabei werden von ärztlicher Seite Angaben über Diagnose, Krankheitsaktivität und Therapie erhoben. Von der Patienten- und Elternseite werden Daten über das gesundheitliche Befinden und die Lebensqualität der Betroffenen dokumentiert. Zurzeit nehmen über 60 kinderrheumatologische Einrichtungen an der Dokumentation teil. Damit werden ca. 15.000 Kinder und Jugendliche pro Jahr erfasst.
Jährliche Zusatzmodule
Die Kinder-KD wird darüberhinaus für spezielle Fragestellungen genutzt, d. h. um spezielle Zusatzmodule oder implementierte Themenblöcke jahrweise ergänzt. Zu diesen zählten in der Vergangenheit Themen wie Gesundheitsverhalten, Bereitschaft zum Übergang in die Erwachsenenversorgung (Transition) oder auch die Teilnahme an körperlichen Aktivitäten (u.a. Schulsportteilnahme).
Breites Nutzungsspektrum
Seit ihrer Einführung hat sich die Kinder-KD als national und auch international anerkanntes Instrument der rheumatologischen Versorgungsforschung etabliert. Die mit ihr ermittelten Daten werden zur Qualitätssicherung (benchmarking), als Datenquelle für wissenschaftliche Fragestellungen, Versorgungsanalysen, Studienplanungen, Patienteninformationen sowie zur Öffentlichkeitsarbeit genutzt. Sie sollen dabei helfen, die Entwicklung der kinderrheumatologischen Versorgung einschließlich der aktuellen Standards, zeitlichen Trends und derzeitigen Defizite aufzuzeigen sowie die subjektive und objektive Krankheitslast rheumatischer Krankheitsbilder im Kindes- und Jugendalter zu beschreiben. Damit kann die Kinder-KD einen Beitrag dazu leisten, die Versorgungslage rheumakranker Kinder und Jugendlicher zu verbessern.
Die wesentlichen Aufgaben des kontinuierlichen Monitorings sind zusammen gefasst:
- die aktuelle Situation und zeitlichen Entwicklungen in der Versorgung rheumakranker Kinder und Jugendlicher in Deutschland zu beobachten,
- Erkenntnisse über medizinische, soziale und ökonomische Folgen der Krankheiten zu erhalten,
- die Krankheitslast bei verschiedenen pädiatrischen Krankheitsbildern zu untersuchen,
- durch Langzeitbeobachtung kontinuierlich erfasster Patienten neue Erkenntnisse zur Prognose juveniler entzündlich-rheumatischer Krankheiten unter realen Versorgungsbedingungen zu gewinnen und
- durch die Erfassung der behandlungsbedingten Kosten einen Beitrag zur Bewertung der Kostenstruktur in Abhängigkeit von der Lebensqualität und Behandlung zu leisten.
Weitere verknüpfte Projekte
Im vom Innovationsfond geförderten Verbundvorhaben ProKind (Projekte zur Klassifikation, Überwachung und Therapie in der Kinderrheumatologie) wird untersucht, wie neu erkrankte Kinder und Jugendliche mit Gelenkrheuma und Bindegewebserkrankungen versorgt werden, wie das Behandlungsergebnis ist und ob aktuellen Handlungsempfehlungen der kinderrheumatologischen Fachgesellschaft (GKJR) gefolgt wird.
Pro-AID: Erweiterung von ProKind-Rheuma um autoinflammatorische Erkrankungen
Um die Früherkennung, Diagnostik und Behandlung autoinflammtorischen Erkrankungen (AID) zu verbessern, wurden auch für diese Erkrankungen definierte Therapieziele, standardisierte regelmäßige Beurteilungen der Erkrankungsaktivität und an die jeweilige Krankheitsschwere angepasste, konsensbasierte Therapiewege erarbeitet. Pro-AID ist Teil der aktuellen Pro-Kind-Initiative.
Das Vorhaben wird durch die Stiftung für Kinder mit Seltenen Erkrankungen „Kindness for Kids“ unterstützt.
Aus Kindern werden Leut
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendrheumatologie ist die Transition, die den Übergang von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen von der kindzentrierten in die erwachsenenorientierte Gesundheitsversorgung beschreibt. Eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Wechsel junger Rheumatiker in die Erwachsenenmedizin ist die Erlangung einer adäquaten Transitionskompetenz, d.h. ausreichendes Krankheitswissen, Selbstmanagementfähigkeiten und Transferbereitschaft. Seitens der Ärzteschaft sollte ein erfolgreicher Transitionsprozess daher möglichst mit konsentierten Materialien und zugleich patientenorientiert verlaufen. Nicht nur in der Rheumatologie gelingt dieser Übergang noch nicht optimal: Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge bricht etwa ein Drittel der Betroffenen die medizinische Therapie zu diesem Zeitpunkt ab.
Mit der Kinder-KD Wissenslücken schließen
Mit Hilfe der Kinder-KD kann eruiert werden, welche Informationsangebote junge Rheumatiker kennen und wie gut ihr Wissensstand und ihre Vorbereitung auf den Betreuungswechsel in die Erwachsenenmedizin sind. Um den Übergang in die Erwachsenenversorgung zu erleichtern, entwickeln wir in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Rheuma-Liga Unterstützungsangebote und Informationsmaterialien für junge Erwachsene mit rheumatischen Erkrankungen. Grundlage für diese Arbeit bilden vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderte Transitionsprojekte, deren wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Rheuma-Liga von unserer Arbeitsgruppe durchgeführt wurde und wird.
Trotz positiver Trends, weiterer Handlungsbedarf nötig
Laut Daten der Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher konnte die Bereitschaft zum Übergang in die Erwachsenenversorgung und das krankheitsspezifische Wissen von jungen Menschen mit JIA mittlerweile erweitert werden. Maßgeblichen Anteil daran hatte auch die Teilnahme an einem Transitions-Wochenendcamp, das das Krankheitswissen sowie Selbstmanagement junger Rheumatiker nachhaltig erweiterte. Allgemein wurden die Unterstützungsangebote zwar sehr positiv angenommen, jedoch waren sie sowohl den Betroffenen als auch dem Kreis der Behandelnden noch viel zu wenig bekannt. Noch immer vorliegende Defizite machen somit weiteren Handlungsbedarf notwendig.