Chronik der Mitchison Preisträger
Übersicht der Preisträger seit 2000
Das Deutsche Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ), ein Leibniz-Institut, vergibt zu Ehren seines Gründungsdirektors Avrion Mitchison jährlich den Avrion Mitchison Preis an junge Wissenschaftler, die einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis und zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen leisten. Bis 2018 wurde der Avrion Mitchison Preis von der Schering Stiftung finanziert, seit 2019 stiftet ihn das DRFZ.
Avrion Mitchison entdeckte die Zusammenarbeit von T- und B-Lymphozyten als Grundlage für adaptive Immunität und chronische Entzündungen. Von 1989 bis 1996 war er der erste Wissenschaftliche Direktor des DRFZ.
Chronik
Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, ein Leibniz-Institut, Germany
Das klonale angeborene Immungedächtnis: ein neuer Treiber für rheumatische Erkrankungen?
Das adaptive Immungedächtnis ist die Grundlage für einen lang anhaltenden Immunschutz gegen Krankheitserreger, kann aber auch rheumatische Erkrankungen aufrechterhalten. Im Rahmen seiner Dissertation hat Timo Rückert entdeckt, dass auch das angeborene Immungedächtnis gegen eine Infektion mit dem humanen Cytomegalovirus durch klonal expandierte Natürliche Killer(NK)zellen stabil aufrechterhalten wird. Die epigenetische Prägung durch die Stimulation mit aktivierenden Rezeptoren und entzündungsfördernden Zytokinen stattet die NK Zellen mit verbesserten Effektor-Funktionen aus. Der Nachweis eines dauerhaften klonalen Immungedächtnisses im angeborenen Immunsystem könnte darauf hindeuten, dass dieser Mechanismus nicht nur einen Immunschutz bietet, sondern auch rheumatische Erkrankungen aufrechterhalten könnte.
Pitzer Laboratory of Osteoarthritis Research
Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, ein Leibniz-Institut, Germany
Mechanical forces couple bone matrix mineralization with inhibition of angiogenesis to limit adolescent bone growth.
Ein korrektes Knochenwachstum erfordert ein fein abgestimmtes Zusammenspiel verschiedener Zell- und Gewebetypen. Am Ende der Adoleszenz kommt das Knochenwachstum zum Stillstand. Wie ist dieser Prozess geregelt? Maria Dzamukova hat entscheidende Stellschrauben in diesem Prozess entschlüsselt. Mechanische Kräften, so zum Beispiel das Körpergewicht, setzen eine Kette an molekularen Abläufen in Gang, die schließlich in einer Umstrukturierung im Gefäßsystem im Knochen resultiert: das Knochenwachstum stoppt und gleichzeitig wird die Mineralisierung und damit die Festigkeit des Knochens gefördert. Die Erkenntnisse könnten bei der Behandlung von Krankheiten wie Osteoarthritis und Osteoporose helfen, in denen das Knochenwachstum beeinträchtigt ist. Der Vortrag ist in Englisch.
Link zum Fachartikel: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35650194/
Institute of Musculoskeletal Medicine (IMM), University Hospital Muenster, Germany
The role of Lasp1 in inflammatory synovial joint destruction
Lasp1 was originally discovered in cancer cells and is involved in processes of cell adhesion, migration and metastatic invasion. Its role in rheumatoid arthritis (RA) was unknown. In the present study, we demonstrated that in RA fibroblast-like synoviocytes (FLS) have distinct epigenetic alterations leading to increase Lasp1 expression levels compared to healthy controls. Furthermore, we identified Lasp1 as an important key factor in cadherin-11-mediated cell-cell contacts, as the absence of Lasp1 could reduce the characteristic “tumor-like” migratory and invasive capacity of RA FLS and Lasp1 deficiency reduced clinical symptoms and the extent of cartilage and bone destruction.
Overall, our data suggest that Lasp1 could be a potential therapeutic target for the treatment of RA patients.
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Interview with Denise Beckmann
Denise Beckmann has demonstrated a central role in disease progression for a molecule called “Lasp1”, which had not previously been associated with rheumatoid arthritis (RA). The molecule was originally discovered in cancer cells and is involved in cell-to-cell contact formation. In her work, the Mitchison Prize winner showed that Lasp1 is expressed by specific cells within the joint. These so-called fibroblast-like synoviocytes (FLS) are known to play a major role in the transformation of the synovium into inflamed tissue in RA patients. Compared to cells from healthy joints, FLS of RA patients have significantly higher levels of Lasp1. The scientist from the University of Münster has also shown in her studies that typical disease symptoms, such as cartilage and bone damage, decrease significantly when Lasp1 is not present.
Denise Beckmann: “It was surprising to us how profound the effect of pharmacological blockade of Lasp1 was in FLS. Our data therefore suggest that Lasp1 could be a potential therapeutic target for the treatment of RA patients.”
Lennard Ostendorf: CD38-Therapie bei systemischem Lupus erythematodes
Charité – Universitätsmedizin Berlin and DRFZ Berlin
Viele Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes (SLE) werden von Autoantikörpern angetrieben. Diese Autoantikörper werden von langlebigen Plasmazellen produziert. Diese Zellen können jahrzehntelang in speziellen Nischen überleben und sind gegen herkömmliche immunsuppressive Medikamente resistent. Frühere Arbeiten zeigen, dass die gezielte Behandlung der langlebigen Plasmazellen beim SLE einen lang anhaltenden klinischen Nutzen bringen kann. Die bisher zur Depletion der Zellen eingesetzten Medikamente bringen aber erhebliche Nebenwirkungen mit sich.
Lennard Ostendorf: „Wir haben zwei SLE-Patienten erstmals mit dem Anti-CD38-Antikörper Daratumumab behandelt. Diese Therapie führte zu einer Verminderung der Anzahl der langlebigen Plasmazellen und zu anhaltender klinischer Verbesserung. Wir hoffen, dass der Einsatz von Anti-CD38-Antikörpern zum Ausschalten von krankmachenden Plasmazellen nicht nur die Therapie von SLE, sondern auch von anderen, Antikörper-vermittelten Erkrankungen voranbringt.“
Richard Addo: Bone marrow maintains distinct populations of immunological memory B cells in stromal niches.
Medigene AG, München (die ausgezeichnete Arbeit wurde am DRFZ angefertigt)
Als Teil des Immunologischen Gedächtnis sind Gedächtnis-B-Zellen an der Entstehung von schützender Immunität beteiligt. Sie können aber auch chronische Entzündungen antreiben.
Richard Addo: “Unsere Ergebnisse befassen sich mit der Heterogenität und dem Überleben von Gedächtnis-B-Zellen, die bei Immunreaktionen entstehen. Wir haben verschiedene Populationen von gewebespezifischen und residenten Gedächtnis-B-Zellen in Knochenmark und Milz gefunden, die sich bezüglich ihres Antikörper-Repertoires und ihrer Genexpressionsprofile unterscheiden – sowohl auf Einzelzellebene, als auch auf Populationsebene. Im Knochenmark befinden sich die Gedächtnis-B-Zellen in Überlebensnischen, die von Bindegewebszellen organisiert werden. Bei der Analyse der Heterogenität der Bindegewebszellen im Knochenmark haben wir ebenfalls verschiedene Untergruppen identifiziert. Diese Erkenntnisse sind für die Entwicklung von Therapien bedeutend, die die krankmachenden (pathogenen) Gedächtnis B Lymphozyten ausschalten sollen. Diese Therapien können sowohl die B Lymphozyten selbst, als auch die Bindegewebszellen zum Ziel haben“.
Link zum Interview auf youtube
In ihrer Arbeit haben Dr. Anika Grüneboom und Stephan Culemann Makrophagen untersucht, das sind Fresszellen des Immunsystems. Die beiden Wissenschaftler haben einen neuen Typ dieser Zellen beschrieben. Diese Makrophagen bilden in gesunden Gelenken eine schützende Membran. Bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis versagt dieser Schutzmechanismus offensichtlich, die Membran wird durchlässig für aktivierte Immunzellen, was zur Entzündung des Gelenkes führt.
Dr. Hammer wird für die Entdeckung, dass auch Zellen des angeborenen Immunsystems spezifische Virenbestandteile erkennen können, ausgezeichnet. Diese Eigenschaft wurde bisher nur den Zellen des erworbenen Immunsystems zugesprochen. Zellen des angeborenen Immunsystems, einschließlich der Natürlichen Killer (NK)-Zellen, spielen eine wichtige Rolle beim Schutz vor Infektionen. Bisher wurde davon ausgegangen, dass NK-Zellen pathogene Muster oder breit gefächerte Entzündungssignale erkennen. Quirin Hammer und Kollegen konnten nun zeigen, dass menschliche NK-Zellen spezifische Viruspeptide erkennen und so verschiedene Virusstämme unterscheiden können. Diese Entdeckung macht NK-Zellen zu potenziellen Kandidaten für die spezifische und individualisierte Regulation von chronischen Immunreaktionen.
Die Entstehung von chronischen Autoimmunerkrankungen wie der Schuppenflechte oder Arthritis geht in der Regel einher mit einer dauerhaft erhöhten Ansammlung von löslichen entzündungsfördernden Molekülen im Blut. Enzymatische Aktivität fördert die Freisetzung dieser Moleküle in die Blutbahn. In seiner Arbeit konnte Rafael Leite Dantas zeigen, dass das Protein Fhl2 das beteiligte Enzym Adam17 hemmt und so die Freisetzung verhindert. Das Protein Fhl2 ist somit ein potenzielles Zielmolekül zur Behandlung von chronischen Autoimmunerkrankungen wie der Schuppenflechte.
Rafael Leite Dantas (Jg. 1985) studierte von 2006 bis 2011 Physiotherapie an der Landesuniversität Piauí (UESPI), Brasilien. Nach seinem Masterstudium von 2012 bis 2014 im Fachbereich Pharmazeutische Wissenschaften an der Bundesuniversität Piauí (UFPI), Brasilien, zog er nach Münster, wo er seit 2014 am Institut für Virologie des Zentrums für Molekularbiologie der Entzündung (ZMBE) im Rahmen seiner Promotion an dem Thema “TNFalpha-vermittelte chronische Entzündungen” in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Viktor Wixler forscht.
Corinna Wehmeyer forschte bis Mai 2016 am Institut für Experimentelle Muskuloskelettale Medizin des Universitätsklinikums Münster, wo die ausgezeichnete Arbeit auch entstand. Im September 2016 wechselte sie an die Universität Birmingham. In ihrem Vortrag „Loss of Wnt inhibitor sclerostin promotes TNF-dependent inflammatory bone destruction” erläutert Wehmeyer, dass Sclerostin, als Knochenabbau vermittelndes Molekül bekannt, auch eine protektive Rolle bei TNF-vermittelten Entzündungen, wie der rheumatoiden Arthritis zu haben scheint. Werden nun Sclerostin-Hemmer zur Behandlung des Knochenverlustes eingesetzt, kommt es zu einer Verstärkung der Entzϋndung und somit zu einem verschärften Krankheitsverlauf. Anders als bei Osteoporose-Patienten sollte die Verwendung von Anti-Sclerostin Antikörpern zur Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis oder mit chronischen, TNF abhängigen Komorbiditäten nur mit Vorsicht in Betracht gezogen werden.
Dr. Caroline von Spee-Mayer forscht in der Arbeitsgruppe „Rheumatologie und Klinische Immunologie“ von Prof. Dr. Gabriela Riemekasten, eine Liaison-Gruppe des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums und der Charité Berlin. In ihrem Vortrag „Regulatory T cells and Interleukin-2 in the pathogenesis and the treatment of SLE” erläutert Spee-Mayer, dass ein Interleukin-2 Defizit für Veränderungen in der regulatorischen T Zell Population verantwortlich ist und somit eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Autoimmunerkrankung Systemischer Lupus Erythematodes (SLE) spielt. Spee-Mayers Arbeit liefert die Grundlagen für die klinische Translation einer interleukin-2-basierten Therapie als neue Behandlungsmöglichkeit für Patienten mit SLE. Erste vielversprechende Ergebnisse weisen darauf hin, dass niedrig dosiertes Interleukin-2 eine wirkungsvolle und sichere Therapie für Patienten mit langjährigem refraktären SLE darstellt, und machen somit die Bedeutung dieser Arbeit für die rheumatologische Forschung und die Entwicklung dringend benötigter neuer Therapieansätze deutlich.
Dr. Christian Neumann forscht in der Arbeitsgruppe „Zelluläre Immunologie“ von Prof. Dr. Alexander Scheffold, eine Liaison-Gruppe des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums und der Charité Berlin. In seinem Vortrag „Inflammatory Th1 and Th17 cells employ different transcriptional networks to control immune-regulatory IL-10 expression“ spricht er über entzündungsfördernde T-Zellen. Diese besitzen die Fähigkeit sich selbst abzuschalten. Fehlende Selbstkontrolle kann zu überschießenden Entzündungsreaktionen und Autoimmunität beitragen. Neumann konnte die molekularen Faktoren und Regulationswege beschreiben, die diese Selbstlimitierung kontrollieren. Dieses Wissen könnte zu einer gezielten Aktivierung der physiologischen Selbstheilungskräfte von pathogenen T-Zellen eingesetzt werden, um die natürliche Balance der Immunantwort wieder herzustellen.
Bei Patienten mit akuter Gicht kommt es durch Ablagerungen von Uratkristallen in Gelenken und Geweben zu berüchtigt schmerzhaften Entzündungen. Interessanterweise klingt ein akuter Gichtanfall nach ein paar Tagen auch unbehandelt selbständig ab, obwohl die Ursache der Entzündung, die nadelförmigen Uratkristalle, nach wie vor im Gewebe zu finden sind. Die Mechanismen und Ursachen dieser Selbstheilung der Entzündung waren bisher nicht bekannt.
In unserer aktuellen Publikation “Aggregated neutrophil extracellular traps limit inflammation by degrading cytokines and chemokines” (Nat Med. 2014 May;20(5):511-7) präsentieren wir ein neues Konzept, welches die schnelle Selbtsbegrenzung der akuten Entzündung bei der Gicht erklärt: Neutrophile Granulozyten produzieren sogenannte „Neutrophil extracellular traps“ (NETs), weite Netze die sich aus DNS und proteolytischen Proteinen zusammensetzen. Wenn die Dichte der neutrophilen Ganulozyten sehr hoch ist, wie es beispielsweise in entzündetem Gewebe der Fall ist, bilden diese Netze größere Aggregate (sog. aggNETs). In diesen aggNETs werden entzündliche Botenstoffe (Zytokine), die für die Aufrechterhaltung einer Entzündung vonnöten sind, inaktiviert und abgebaut. Bei den im Patienten vorkommenden Tophi handelt es sich um über Jahre gereifte aggNETs.
Wir zeigen, dass es in Individuen, die aufgrund genetischer Mutationen keine aggNETs bilden können, als Reaktion auf Uratkristalle zu einer unkontrollierten Produktion von Zytokinen und damit zu chronischer Entzündung im betroffenen Gewebe kommt. Der von uns beschriebene Mechanismus der selbständigen Limitation der Inflammation ist potentiell auch bei anderen Entzündungsreaktionen, bei denen neutrophile Granulozyten eine Rolle spielen, von Bedeutung. Durch die Aufklärung dieses wichtigen Aspekts der Pathogenese der Gicht sind in der Zukunft neue Therapieoptionen denkbar.
Dirk Baumjohann studierte Molekulare Medizin an der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Harvard Medical School ging er für seine Doktorarbeit an das Institute for Research in Biomedicine in Bellinzona (Schweiz), wo er T-Zell-B-Zell Interaktionen untersuchte und darüber an der Universität Bern summa cum laude in Zellbiologie/Immunologie promovierte. Seit August 2010 forscht er in den USA als Postdoktorand an der University of California in San Francisco (UCSF). Sein Interesse gilt der molekularen Regulation von T-Helferzellen, welche eine zentrale Rolle in der zellulären und Antikörper-vermittelten Immunantwort spielen. Dabei interessiert er sich besonders für Transkriptionsfaktoren und MikroRNAs und wie diese die Differenzierung, Funktion und Plastizität von T-Helferzellen regulieren. Seine bisherige Forschung wurde unter anderem durch Forschungsstipendien des Boehringer Ingelheim Fonds, des Schweizer Nationalfonds und der National Multiple Sclerosis Society gefördert.
Zu den Hauptaufgaben des Immunsystems gehört neben der effektiven Abwehr von Krankheitserregern die zeitgleiche Wahrung immunologischer Selbsttoleranz gegenüber körpereigenen Antigenen. Im Rahmen von Infektionen und Entzündungsvorgängen wird das Immunsystem sowohl mit dem Auftreten von pathogenen Mikroorganismen als auch mit abgestorbenen, körpereigenen Zellen konfrontiert. Fehlregulationen oder Defekte in der Entsorgung apoptotischer Zellen werden als wichtige Faktoren bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen diskutiert. So birgt die Phagozytose apoptotischer Zellen und Verarbeitung von Autoantigenen durch inflammatorische Antigen-präsentierende Zellen die Gefahr einer ungewollten Immunantwort in sich und könnte zur Entstehung von Autoimmunität führen. Besonders im Rahmen von Entzündungsvorgängen sind daher Mechanismen notwendig, welche bereits die Aufnahme unterschiedlicher Antigene in differenziell-aktivierte phagozytäre Kompartimente selektiv regulieren.
In diesem Zusammenhang konnten wir das lipid-oxidierende Enzym 12/15-Lipoxygenase (12/15-LO) als einen zentralen Faktor in der Regulation der nicht-immunogenen Entsorgung apoptotischer Zellen im Rahmen von Entzündungsvorgängen identifizieren. Die Aufnahme apoptotischer Zellen war hierbei auf eine Untergruppe alternativ-aktivierter, 12/15-LO exprimierender, residenter Gewebemakrophagen konzentriert. Pathogene, wie Baktieren, dagegen wurden vornehmlich durch einwandernde, inflammatorische Makrophagen phagozytiert. Residente Makrophagen konnten hierbei aktiv und spezifisch die Aufnahme apoptotischer Zellen in inflammatorische Phagozyten verhindern. Durch LO-Aktivität oxidierte Produkte des membranständigen Phospholipids Phosphatidylethanolamin (PE) wurden dabei auf der Zellmembran residenter Gewebemakrophagen exponiert. Hierdurch konnten diese bestimmte lösliche Rezeptoren für apoptotische Zellen, wie milk fat globule-EGF factor 8 (MFGE8), welches normalerweise von inflammatorischen Makrophagen zur Phagozytose genutzt wird, aus ihrer näheren Umgebung entfernen und damit die Aufnahme von apoptotischem Material in die inflammatorische Phagozyten selektiv blocken. Mittels Massenspektrometrieanalysen konnten wir zeigen, dass residenten Makrophagen aus 12/15-LO-defizienten Mäusen spezifische PE-Oxidationsprodukte fehlten. Dies führte in Experimenten mit 12/15-LO-defizienten Mäusen zu einer gestörten Aufnahme apoptotischer Zellen mit einer deutlichen Verschiebung zugunsten der inflammatorischen Phagozyten und folglich zu vermehrter Präsentation von Autoantigenen sowohl in vitro als auch in vivo. In der Tat konnten wir einen Verlust immunologischer Selbsttoleranz in 12/15-LO-defizienten Mäusen nachweisen. Spontan produzierten diese Mäuse mit zunehmendem Alter Autoantikörper und entwickelten eine Glomerulonephritis, beides charakteristische Merkmale von Autoimmunerkrankungen wie dem humanen Systemischen Lupus Erythematodes. In einem murinem Lupus-Modell wiesen 12/15-LO-defiziente Mäuse zudem einen deutlich aggravierten Krankheitsverlauf auf.
Die vorliegenden Daten deuten auf eine bislang nicht bedachte Rolle enzymatischer Lipidoxidation in der Aufrechterhaltung immunologischer Selbsttoleranz hin. So konnten wir einen Mechanismus aufzeigen, durch welchen eine selektive, Zell- und Kontext-spezifische Aufnahme von Antigenen unterschiedlicher Herkunft in differenziell-aktivierte Phagozytensubgruppen auf zellulärer Ebene reguliert wird.
Junge Nachwuchswissenschaftlerin der Arbeitsgruppe Zellbiologie unter Prof. Dr. rer. nat. Andreas Radbruch wird f¸r Ihre Forschungsarbeite ausgezeichnet.
Der Avrion-Mitchison-Preis f¸r Rheumaforschung wird allj‰hrlich vom DRFZ f¸r Arbeiten vergeben, die zum Verst‰ndnis jener entz¸ndlich-immunologischen Prozesse beitragen, die rheumatischen Krankheiten zugrunde liegen, und somit Mˆglichkeiten f¸r neue Behandlungsans‰tze aufzeigen.
Der Preis-Preis wird seit dem Jahr 2000 zu Ehren seines Gr¸ndungsdirektors vergeben, er zeichnet j‰hrlich die beste experimentelle, klinische oder epidemiologische Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Rheumatologie aus. Die Jury benennt den Preistr‰ger aufgrund mindestens zweier unabh‰ngiger Gutachten international anerkannter Wissenschaftler.
Dr. Edda Schulz studierte Biochemie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. Von 2005 bis 2009 promovierte sie bei Prof. Thomas Höfer an der Humboldt-Universität zu Berlin und bei Prof. Andreas Radbruch am Deutschen Rheumaforschungszentrum in Berlin zum Thema „Experimentelle und Mathematische Analyse regulatorischer Netzwerke in T-Helfer-Lymphozyten“. 2008 absolvierte sie einen Forschungsaufenthalt an der Harvard Medical School, Boston, USA. Seit 2010 ist sie Postdoc in der Arbeitsgruppe Gruppe „Mammalian Developmental Epigenetics“ am Institut Curie in Paris.
Dr. Edda Schulz erhält den Avrion-Mitchison-Preis 2010 des Deutschen Rheumaforschungszentrums in Berlin. Anlässlich der Preisverleihung am 30. November spricht sie zum Thema: „Sequential polarization and imprinting of type 1 T helper lymphocytes by interferon-gamma and interleukin-12“.
Schulz über die Forschungsarbeit:
„Mit Hilfe eines systembiologischen Forschungsansatzes wurde gezeigt, dass die Entstehung von T-Helfer-Typ-I-Zellen (Th1) in mehreren Schritten abläuft. Auf eine initiale Polarisierungsphase folgt die Differenzierungsphase, während der die Zellidentiät festgeschrieben wird. Da chronisch aktivierte Th1-Zellen eine wichtige Rolle in vielen rheumatischen Erkrankungen spielen, ist ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen, die die Entstehung dieser Zellen kontrollieren, eine Voraussetzung, um gezielt neue Therapien entwickeln zu können.
T-Helfer-ZellenTyp-I (Th1) spielen eine zentrale Rolle in der Immunabwehr intrazellulärer Erreger. Ihre fehlgeleitete Entstehung und Aktivierung trägt jedoch auch maßgeblich zu Autoimmunerkrankungen bei. Die Signale und Transkriptionsfaktoren, die die Differenzierung von Th1-Zellen steuern, wurden bereits vor langer Zeit entdeckt, ihre genaue Rolle jedoch blieb unklar. So war bekannt, dass Expression des sogenannten Th1-Master-Transkriptionsfaktors T-bet durch das Zytokin Interferon-gamma (IFN-gamma) induziert wird. Paradoxerweise ist IFN-gamma allein jedoch nicht in der Lage, Th1-Differenzierung auszulösen, dafür wird ein weiteres Zytokin, Interleukin-12 (IL-12), benötigt. Obwohl die Regulation der beteiligten Zytokine und Transkriptionsfaktoren gut untersucht war, blieb das Verständnis ihres Zusammenspiels und damit auch ihrer Funktion lückenhaft. Um das Zusammenwirken dieser Faktoren zu untersuchen, wurde bewusst ein systembiologischer Ansatz gewählt, indem quantitative Messungen mit mathematischer Modellierung verbunden wurden.
Mit Hilfe dieser experimentell-theoretischen Vorgehensweise konnte gezeigt werden, dass Th1-Differenzierung in mehreren Schritten abläuft. In der initialen Effektorphase produziert die Zelle Th1-Effektorzytokine wie IFN-gamma, dieser Th1-Phenotyp ist jedoch instabil. Erst in der späteren Differenzierungsphase legt sich die Zelle auf den Th1-Phenotyp fest. In der frühen Effektorphase wird die Expression von T-bet, wie schon vorher bekannt, durch das IFN-gamma-Signal gesteuert. In der darauffolgenden Differenzierungsphase jedoch wird die Expression von T-bet durch einen bisher unbekannten IL-12-abhängigen Mechanismus aufrechterhalten. Das Antigen-Signal fungiert dabei als „Schalter“ zwischen den beiden Phasen, da es IFN-gamma induziert, IL-12-Signaltransduktion durch Repression der IL-12-Rezeptorexpression jedoch inhibiert. Daher beschränkt sich die Wirkung von IL-12 hauptsächlich auf die spätere Phase, wenn die Antigenstimulation beendet ist. Das Expressionsniveau von T-bet in dieser späten Phase bestimmt jedoch den Erfolg des Differenzierungsprozesses. Da also IL-12, nicht jedoch IFN-gamma, die Expression von T-bet in der späten Phase aufrechterhalten kann, fungiert IL-12 als zentrales Differenzierungssignal. Diese wichtige Rolle, die IL-12 in der Th1-Differenzierung spielt, war zwar schon lange bekannt, der Wirkungsmechanismus konnte jedoch erst mit der vorliegenden Arbeit aufgeklärt werden.“
Inka Albrecht studierte Biologie an der Philipps-Universität Marburg. Seit Juni 2004 promoviert sie in der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Radbruch, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum, Berlin zum Thema “Identification and characterization of novel transcription factors in chronically activated T helper cells “.
Inka Albrecht erhält neben Kai Kessenbrock den Avrion-Mitchison-Preis 2009 des Deutschen Rheumaforschungszentrums in Berlin. Anlässlich der Preisverleihung am 1. Dezember in Berlin spricht sie zum Thema „The pro-inflammatory immunological memory: twist1 autoregulates / Th1 mediated inflammation“.
Albrecht über die Forschungsarbeit:
„Bei rheumatischen Erkrankungen ist das Abwehrsystem überaktiv. Abwehrzellen erkennen Strukturen im betroffenen Gewebe als „fremd“ und lösen eine fortdauernde Entzündung aus, die zunehmend das Gewebe schädigt. Es ist jedoch nur ein Teil der Abwehrzellen fehlgeleitet und an der entzündlichen Reaktion beteiligt. Der überwiegende Teil der Abwehrzellen übt weiterhin seine Schutzfunktion vor Infektionen und anderen schädlichen Einflüssen aus. Gängige Therapien für chronisch-entzündliche Erkrankungen dämpfen die Abwehrreaktionen und unterdrücken wirksam die Entzündung. Sie unterscheiden dabei jedoch kaum zwischen schützenden und schädigenden Abwehrzellen und schwächen so die gesamte körpereigene Abwehr. Sinnvoll wären deshalb Therapien, die gezielt die krankmachenden Zellen bekämpfen.
Doch es fehlen geeignete Angriffspunkte; Merkmale, die schädigende von gesunden Abwehrzellen unterscheiden. Ziel dieser Arbeit war es, Kennzeichen von schädigenden T Helfer (Th) Zellen zu finden. Im Abwehrsystem fungieren Th Zellen als eine Steuerzentrale: Erkennen sie eine fremde Struktur, zum Beispiel ein Virus, steuern sie durch Botenstoffe, sogenannte Zytokine, Art und Stärke der Immunantwort. Verschiedene Typen von Th Zellen gewährleisten hierbei eine maßgeschneiderte Antwort auf die Bedrohung. Th Typ 1 (Th1) Zellen etwa schütten die entzündungsfördernden Zytokine Interferon-gamma sowie Tumor Nekrose Faktor (TNF)-alpha aus. Sie bieten damit unerlässlichen Schutz vor Infektionen. Erkennen Th1 Zellen dagegen körpereigene Gewebe als fremd, werden sie von sich aus immer wieder aktiv. Solche autoreaktiven Th1 Zellen sind vermutlich mitverantwortlich für die chronische Entzündung bei rheumatischen Erkrankungen.
Im Vorfeld der Suche nach Kennzeichen schädigender Th1 Zellen musste eine Hürde überwunden werden. Wie sollte festgestellt werden, ob es sich bei den zu untersuchenden Zellen um schädigende oder schützende handelte? Dies wurde gelöst, indem gezielt schädigende Th1 Zellen in der Zellkulturschale erzeugt wurden. Aus der Grundüberlegung, dass schädigende Zellen immer wieder, schützende dagegen nur selten erneut aktiviert werden, bestimmten wir alle Gene in einfach und wiederholt aktivierten Th1 Zellen.
Dabei entdeckten wir mehrere neue Gene, die ausschließlich in wiederholt aktivierten schädigenden Th1 Zellen aktiv sind. Eines dieser Gene trägt den Namen „Twist1“. Die Aktivität von Twist1 steigt mit zunehmender Anzahl der Zellaktivierungen an und reflektiert damit das „Alter“ der Zellen und die aktive Beteiligung an einer Entzündung. Bei genauerer Untersuchung des Gens zeigte sich, dass dieser Kontrollfaktor im Zellinneren wiederum andere Gene steuert.
Twist1 kennzeichnet Th1 Zellen im entzündlichen Gewebe von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Dort überdauern diese Zellen offensichtlich alle gängigen Therapien. Dass die Zellen tatsächlich die Entzündung antreiben, macht in der Studie ein Mausmodell deutlich: Wiederholt aktivierte Th Zellen können im Tierversuch eine entzündliche Arthritis auslösen und chronisch unterhalten. Das Ausschalten von Twist1 verstärkt die Entzündung. Das Gen wirkt demzufolge regulierend auf die entzündungsfördernden Th1 Zellen. Als spezifisches Merkmal von schädigenden Th1 Zellen, auch bezeichnet als Biomarker, bietet Twist1 eine ganz neue Grundlage für die Entwicklung von Therapien, die an der Ursache von Rheuma ansetzen. Schädigende Th1 Zellen lassen sich identifizieren und möglicherweise ausschalten – während die gesunden Th1 Zellen weiterhin den Schutz des Körpers aufrechterhalten.“
Quelle: Niesner, U, Albrecht, I, Janke, M, Doebis, C, Loddenkemper, C, Lexberg, MH, et al. Autoregulation of Th1-mediated inflammation by twist1. J Exp Med. 2008 Aug 4;205(8):1889-901
Kai Kessenbrock studierte Biowissenschaften an der Universität Bonn und Heidelberg. Von 2004 bis 2008 verfasste er seine Dissertation am Max-Planck Institut für Neurobiologie in Martinsried und promovierte an der LMU München. Seit 2008 ist er Postdoc an der University of California, San Francisco (UCSF), USA.
Kai Kessenbrock erhält neben Inka Albrecht den Avrion-Mitchison-Preis 2009 des Deutschen Rheumaforschungszentrums in Berlin für seine herausragende Arbeit zum Thema „Neutrophile Granulozyten in Autoimmunität und Entzündung“, die er anlässlich der Preisverleihung am 1. Dezember in Berlin vorstellt.
Kessenbrock über seine Forschungsarbeit:
„Neutrophile Granulozyten sind weisse Blutkörperchen, die eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr von krankheitserregenden Bakterien spielen. Allerdings können diese Leukozyten auch zum chronischen Entzündungsprozess bei Patienten mit Autoimmunkrankheiten beitragen. Diese Zellen produzieren eine Reihe von proteolytischen Enzymen, sogenannten Serinproteasen, die innerhalb der Zelle gespeichert und bei Entzündung freigesetzt werden. Proteinase-3 (PR3) und Neutrophilen Elastase (NE) sind zwei dieser Serinproteasen, welche beide eine äusserst ähnliche Substratspezifität aufweisen. Darüberhinaus stellen die Neutrophilen eine hohe Menge von dem antimikrobiellen Enzym Myeloperoxidase (MPO) her. Interessanterweise sind PR3 und MPO die Ziele der Autoimmunantwort in Patienten mit ANCA-assoziierten Vaskulitiden, einer Autoimmunkrankheit die insbesondere die Entzündung von kleinen Blutgefässen verursacht.
In vielen Autoimmunkrankeiten wird der chronische Entzündungsprozess durch die Ablagerung von Immunkomplexen bestehend aus Antikörper und Antigen vorangetrieben. Diese Immunkomplexe werden durch Oberflächenrezpeptoren von Neutrophilen Granulozyten erkannt und aufgenommen, was gleichzeitig eine Aktivierung der Zellen verursacht und ein massives Einströmen von Immunzellen zum Ort der Immunkomplexablagerung initiiert. Wir haben nun in unserer ersten Studie untersucht, welche Rolle die Serinproteasen PR3 und NE in der Immunkomplex-vermittelten Entzündung spielen. Dafür haben wir PR3/NE doppeldefiziente Mäuse hergestellt und in diesen Mäusen ein experimentelles Modellsystem für Immunkomplex-induzierte Entzündung der Haut untersucht. Wir fanden heraus, dass PR3/NE-Defizienz zu einer stark abgeschwächten Infiltration von Neutrophilen zum Ort der Immunkomplexe führt. Interessanterweise war in PR3/NE defizienten Tieren eine weitaus höhere Menge an Progranulin (PGRN) nachzuweisen, ein entzündungshemmender Faktor, der zuvor insbesondere in Wundheilungsstudien untersucht wurde. In der Tat wird PGRN von PR3 und NE zum Beispiel während der Aktivierung von Neutrophilen durch Immunkomplexe gespalten und inaktiviert. Die Degradation von PGRN durch PR3 und NE führt zu einer erhöhten Aktvierung der Zellen und einer verstärkten Entzündung während Immunkomplexablagerung. Die beiden Serinproteasen PR3 und NE könnten daher entscheidende Rollen bei der Entstehung von chronisch-entzündlichen Prozessen spielen.
In der zweiten Studie haben wir eine neue Form von Neutrophilen-Zelltod im Kontext von Autoimmunvaskulitiden wie der Wegener’schen Granulomatose und der mikroskopischen Polyangiitis untersucht. Diese neue Form von Zelltod führt zur Bildung von sogenannten Neutrophil Extracellular Traps (NETs); das sind netzartige Chromatinfasern bestückt mit antimikrobiellen Wirkstoffen aus Neutrophilen, die sich ausserhalb der sterbenden Zellen bilden um Bakterien zu immobilisieren und abzutöten. Es ist nun schon lange bekannt, dass anti-neutrophil cytoplasm autoantibodies (ANCAs) von Vaskulitispatienten an Neutrophile binden und zum Beispiel die Bildung von reaktiven Sauerstoffverbindungen hervorrufen können. Wir haben nun herausgefunden, dass diese ANCAs auch die Bildung von NETs verstärken können. Ausserdem haben wir nachgewwiesen dass beide Autoantigene, PR3 und MPO, in hohen Konzentrationen auf den DNA-Fasern der NETs präsent sind. In der Tat fanden wir deutliche Hinweise, dass NETs in der Niere von Vaskulitispatienten mit Glomerulonephritis gebildet werden. Diese Befunde suggerieren, dass NETs-Bildung durch ANCAs eine pathogene Quelle an Autoantigen darstellen könnte, welches die persistierende Autoimmunantwort gegen diese Neutrophilenkomponenten anheizen kann.“
Dr. Kirsten Neubert von der Abteilung Biologie Dendritischer Zellen der Dermatologische Klinik der Universität Erlangen erhält den Avrion Mitchison Preis 2008 für ihre Arbeit „Bortezomib gegen Plasmazellen zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten“.
„Bortezomib gegen Plasmazellen zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten“
Die Behandlung Antikörper-vermittelter Autoimmunerkrankungen stellt trotz intensiver Bemühungen immer noch eine große Herausforderung dar. Die derzeit zur Verfügung stehenden und teils recht aggressiven Therapiemöglichkeiten bewirken zwar eine Verbesserung der Symptome, jedoch wird eine dauerhafte Heilung häufig nicht erreicht. Der Grund hierfür scheinen langlebige Plasmazellen zu sein, die durch ihre permanente Antikörpersekretion an der Aufrechterhaltung der humoralen Immunität beteiligt sind. Im Fall von Autoimmunerkrankungen sondern diese Zellen jedoch große Mengen pathogener Antikörper ab, so genannte Autoantikörper, die zu Gewebs- und Organschäden führen. Bisher waren langlebige Plasmazellen gegenüber konventionellen Therapeutika und Bestrahlung resistent. Aus diesem Grund ist die Entwicklung neuer selektiverer und verträglicherer Therapiekonzepte dringend erforderlich.
Der systemische Lupus erythematodes stellt den Prototyp einer Antikörper-vermittelten Autoimmunerkrankung dar. Diese chronisch-entzündliche Erkrankung ist durch die Bildung von Autoantikörpern charakterisiert, die vielfältige Organschäden hervorrufen.
In zwei Mausmodellen untersuchte Dr. Kirsten Neubert den Einfluss von Bortezomib auf die Autoantikörpertiter und den Krankheitsverlauf. Durch die präventive und therapeutische Anwendung von Bortezomib wurde die Lupuserkrankung von NZB/W F1- und MRL/lpr-Mäusen verhindert bzw. wesentlich verbessert. Die Behandlung führte zu einer deutlichen Reduktion der Autoantikörper, zu einer starken Abnahme der Proteinurie sowie zu einer drastischen Verlängerung der Lebenserwartung ohne offensichtliche Nebenwirkungen.
Darüber hinaus stellte Neubert fest, dass Bortezomib die weitestgehend therapieresistenten langlebigen Plasmazellen effektiver eliminieren kann als die konventionellen Therapeutika. Die Biologin konnte ebenfalls zeigen, dass Plasmazellen aufgrund ihrer stark erhöhten Antikörperproduktion sensitiver auf Bortezomib reagieren als andere Zellen des Immunsystems. Dieses Ergebnis liefert ein weiteres wichtiges Argument für die klinische Anwendung von Bortezomib. Da die etablierten Behandlungsformen relativ unspezifisch und mit starken Nebenwirkungen verbunden sind, könnte durch die präferenzielle Eliminierung der Plasmazellpopulation das Nebenwirkungsspektrum eingeschränkt werden.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Bortezomib eine vielversprechende neue Option für die Behandlung von Antikörper-vermittelten Autoimmunerkrankungen darstellt. Da Bortezomib bereits erfolgreich für die Behandlung des Multiplen Myeloms eingesetzt wird, können deshalb entsprechende Studien zur Behandlung anderer Antikörper-vermittelter Erkrankungen leichter initiiert und durchgeführt werden.
Dr. Thomas Tiller vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin erhält den Avrion Mitchison Preis 2007 für seine Forschungsarbeit zur „Autoreaktivität in humanen lgG+ Gedächtnis B-Zellen“.
„Autoreaktivität in humanen lgG+ Gedächtnis B-Zellen“
Die enorme Vielfalt des Antikörper- bzw. B-Zell-Rezeptor (BZR)- Repertoires ist für eine effektive humorale Immunantwort zum Schutz gegen Krankheitserreger unerläßlich. Sie basiert hauptsächlich auf der Rekombination einzelner Immunglobulin (Ig) Gensegmente während der frühen B-Zell-Entwicklung. Durch diesen Prozess entstehen allerdings auch B-Zellen, deren Rezeptoren körpereigene Antigene erkennen. So sind 50-75% früher unreifer B-Zellen im Knochenmark gesunder Menschen autoreaktiv. Diese selbstreaktiven B-Zellen werden im Knochenmark und in der Peripherie während der weiteren Entwicklung zu reifen B-Zellen durch verschiedene Kontrollmechanismen reguliert. Trotzdem sind immer noch etwa 20% der reifen naiven B-Zellen selbstreaktiv.
Reife naive B-Zellen werden durch Antigenkontakt aktiviert und differenzieren sich entweder zu Plasmazellen oder Gedächtnis B-Zellen. Es gibt Gedächtnis B-Zellen, die einen BZR der IgM Klasse tragen, und Gedächtnis B-Zellen mit einem BZR des IgG Typs auf ihrer Oberfläche. Beiden Zellarten ist gemeinsam, dass sie eine Affinitätsreifung durchlaufen haben. Vor kurzem konnte gezeigt werden, dass IgM+ Gedächtnis B-Zellen im Vergleich zu reifen naiven B-Zellen weniger Autoreaktivität aufweisen, was auf einen zusätzlichen Kontrollschritt während der Entwicklung zu IgM+ Gedächtnis B-Zellen schließen lässt.
Ziel dieser Arbeit war nun, die Häufigkeit von selbstreaktiven IgG+ Gedächtnis B-Zellen im Gesunden zu bestimmen. Da IgG+ Gedächtnis B-Zellen durch die Affinitätsreifung jeweils eine hohe Bindungsstärke für ihr passendes Fremdantigen erwerben, wurde für diese Zellen ein niedriges Ausmaß an Autoreaktivität erwartet. Es wurden aus dem Blut gesunder Probanden einzelne IgG+ Gedächtnis B-Zellen mit Hilfe eines Zellsorters isoliert. Aus den einzelnen Zellen wurden dann mittels verschiedener molekularbiologischer Techniken, die Gentranskripte der Antikörper vervielfältigt und in Expressionsvektoren kloniert, unter deren Verwendung die entsprechenden Antikörper in vitro hergestellt wurden. Diese monoklonalen Antikörper wurden anschließend in verschiedenen Tests auf Autoreaktivität (z.B. gegen humane HEp2 Zellen) getestet. Die Ergebnisse der Arbeit sind überraschend, und zeigen, dass im Gesunden 30-60% der IgG+ Gedächtnis B-Zellen autoreaktiv sind. Außerdem wurde festgestellt, dass die Affinitätsreifung der BZR zur Entstehung dieser Selbstreaktivität beiträgt. Die selbstreaktiven Bindungsstärken dieser Antikörper sind wahrscheinlich niedrig, dennoch könnte eine Fehlregulation während der Entstehung dieser schwach-affinen autoreaktiven Gedächtnis B-Zellen zur Entwicklung von hoch-affinen Autoantikörpern und zu Autoimmunität führen.
Dr. Varsha Kumar vom Theodor-Kocher-Institut der Universität Bern erhält den Avrion Mitchison Preis 2006 für ihre Forschungsarbeit zu „Anaphylatoxin als Schlüsselmolekül bei einer Antikörper-induzierten Typ II Autoimmunkrankheit in Mäusen“.
„Anaphylatoxin als Schlüsselmolekül bei einer Antikörper-induzierten Typ II Autoimmunkrankheit in Mäusen“
Autoimmune hämolytische Anämie (AIHA) ist die am längsten bekannte Autoimmunkrankheit. Bei dieser Krankheit binden IgG- und/oder IgM-Autoantikörper an bestimmte Antigene auf der Oberfläche roter Blutkörperchen (Erythrozyten) und führen zu deren Zerstörung durch die Aktivierung des Komplementsystems und der Zellen des Retikulo-Endothelialen Systems. ‚Warme AIHA‘ (mit IgG-Autoantikörper) sind für 48-70% aller AIHA Fälle verantwortlich.
Es wird vermutet, dass in der warmen AIHA mit Autoantikörpern bedeckte Erythrozyten das klassische Komplementsystem aktivieren, das zur Bildung von C3b führt. C3b und IgG opsonisieren die Erythrozytenoberfläche und werden von C3b/iC3b- beziehungsweise IgG Fc-Rezeptoren (FcgRI/RII) auf der Oberfläche von Makrophagen gebunden, welche die Erythrophagozytose (extravaskuläre Hämolyse) bewirken. Interessanterweise zeigen C3-defiziente Mäuse eine normale Autoimmunantwort in der experimentellen warmen AIHA, während im Gegensatz dazu FcgRI/RII-defiziente Mäuse geschützt sind. Dies wurde anfänglich als Indiz dafür gesehen, dass das Komplementsystem in dieser Autoimmunkrankheit keine Rolle spielt.
In unserer Studie hingegen identifizierten wir das Komplementprotein C5 Anaphylatoxin (C5a) als neues Schlüsselmolekül in der Pathogenese der AIHA. Mäuse, welchen der nicht-phagozytische C5a Rezeptor (C5aR) fehlt, sind resistent gegenüber der durch IgG-Autoantikörper-induzierten AIHA. Wir beschreiben auch einen Mechanismus für dieses unerwartete Resultat. C5a wird von Kupfferschen Zellen (Lebermakrophagen) produziert, welche IgG-bedeckte Erythrozyten über ihre FcgRI/RII gebunden haben. C5a hingegen erhöht die FcgRI/RII-Produktion auf Kupfferschen Zellen, was einen positiven Rückkopplungsmechanismus auslöst und zu einer dramatischen Erhöhung der Erythrozytenphagozytose führt. In Stimulationsexperimenten von kultivierten Kupfferschen Zellen haben wir gezeigt, dass sowohl anti-C5 als auch anti-C5aR blockierende Antikörper die phagozytische Aktivität der Makrophagen stark reduziert.
Die zur Zeit angewandte Behandlung von warmer AIHA beruht auf Corticoiden und Splenektomie (operative Entfernung der Milz). Obwohl diese Behandlung eine deutliche Verbesserung der Blutwerte bewirkt, bleiben einige unerwünschte Nebenwirkungen. Eine Therapie, welche auf der Inhibition bestimmter Schlüsselmoleküle beruht, könnte daher eine effizientere Behandlungsmethode darstellen, welche die Lebensqualität der Patienten deutlich erhöht. Basierend auf unseren Resultaten postulieren wir, dass C5a ein solches Schlüsselmolekül darstellt und daher einen neuen Ansatzpunkt für die Behandlung der warmen AIHA bietet.
Dr. Ute Wellman von der Sektion Hämatopoiese am Lehrstuhl Genetik des Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin in Erlangen erhält den Avrion Mitchison Preis 2005 für ihre Forschungsarbeit zur Entwicklung menschlicher anti-dsDNA Antikörper.
„The development of humane anti-dsDNA auto-antibodies“
Charakteristisch für die Autoimmunerkrankung systemischer Lupus erthematodes (SLE) ist die Produktion von Autoantikörpern gegen Antigene des Zellkerns. Von besonderer Bedeutung sind anti-DNA Autoantikörper vom IgG Isotyp, die mit hoher Avidität an doppelsträngige (ds)DNA binden, da der Titer dieser Antikörper mit der Krankheitsaktivität korreliert und sich jene Antikörper als Bestandteil von Immunkomplexen in den Glomeruli von Patienten mit Nephritis ablagern.
Die Gene, welche für die variablen Bereiche der anti-dsDNA Antikörper kodieren, weisen somatische Mutationen auf und Aminosäureaustausche finden sich gehäuft in den Antigenbindungsstellen. Für Mausmodelle von SLE wurde gezeigt, dass diese Aminosäureaustausche die Affinität der Antikörper gegenüber DNA erhöhen. Dies spricht für DNA oder Nukleosomen als selektionierendes Antigen in einer Keimzentrumsreaktion.
Unser Ziel war zu untersuchen, ob auch für anti-DNA Antikörper aus Patienten eine Affinitätsreifung gegenüber DNA vorliegt. Dazu wurden die Aminosäureaustausche in humanen monoklonalen Antikörpern zur Keimbahnsequenz revertiert und die Bindung der Antikörper an DNA getestet. Überraschenderweise zeigten die zur Keimbahnsequenz revertierten Antikörper keinerlei Bindung an DNA.
Führt man ausgehend von der Keimbahnsequenz die somatischen Mutationen nacheinander wieder ein, so wird zunächt Reaktivität gegenüber einzelsträngiger DNA erworben und in einem zweiten Schritt die ursprüngliche hochaffine Bindung an dsDNA wiederhergestellt. Die identischen somatischen Mutationen sind notwendig für die Bindung sowohl an dsDNA als auch für die Bindung an die Oberfläche von apoptotischen Zellen.
Wir schlagen die Entstehung von pathogenen anti-dsDNA Autoantikörpern bei Lupus-Patienten durch folgenden Mechanismus vor. Zunächst erwerben nicht-autoreaktive B-Lymphozyten anti-DNA Reaktivität de novo durch den Prozeß der somatischen Hypermutation während einer normalen Immunantwort. Anschließend kommt es zu einer positiven Selektion der DNA-reaktiven B-Zellen durch Nukleosomen, falls diese durch eine in SLE-Patienten gestörte Phagozytose von apoptotischen Zellen als Autoantigen verfügbar sind.
Dr. Bimba Franziska Hoyer von der Medizinische Klinik mit SP Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin erhält den Avrion Mitchison Preis 2004 für ihre Forschungsarbeit zur Existenz von langlebigen, autoreaktiven Plasmazellen.
„Long-lived, immune-suppressant resistent plasma cells contribute to auto-antibody production during systemic autoimmune diseases“
Autoantikörper, die von Plasmablasten und Plasmazellen sezerniert werden, sind an der Pathogenese von Autoimmunerkrankungen entscheidend beteiligt. Die Vorstellungen über das humorale Immunsystem haben sich in den letzten Jahren deutlich geändert. Bis vor wenigen Jahren wurde die Antikörperproduktion als eine Folge einer chronischen Aktivierung von B- und T-Zellen angesehen. Nach diesen Vorstellungen werden Antikörpertiter durch ständig neu gebildete Plasmazellen aufrechterhalten.
Es gibt jedoch zunehmend Hinweise, dass Plasmazellen nicht nur kurzlebige Endprodukte der B-Zelldifferenzierung darstellen, sondern dass langlebige Plasmazellen existieren, die unabhängig von Antigenstimulation oder Immunsuppression Antikörper generieren. Aus klinischer Sicht gibt es verschiedene Anhaltspunkte für die Existenz von langlebigen, autoreaktiven Plasmazellen.
So verschwinden nicht alle Autoantikörper unter einer immunsuppressiven Therapie. Auch pathogene Anti-dsDNA-Antikörper können bei Patienten mit systemischen Lupus erythematodes (SLE), die auf eine aggressive immunsuppressive Therapie mit Cyclophosphamid nicht ansprechen, persistieren.
Wir haben deshalb die Rolle von langlebigen, autoreaktiven Plasmazellen im Mausmodell des SLE untersucht.
5 Monate alte NZB/W-Mäusen, die zu diesem Zeitpunkt Anti-dsDNA-Antikörper generieren und eine Lupus-Nephritis entwickeln, erhielten über 12 Wochen Bromdesoxyuridin (BrdU) über das Trinkwasser. Das BrdU, ein Thymidinanalogon, wird in die DNA von sich teilenden Zellen eingebaut. Unter Verwendung eines Plasmazellmarkers (Anti-CD138) konnte durchflusszytometrisch zwischen proliferierenden, BrdU-positiven und nicht-proliferierenden Zellen innerhalb des Plasmazellkompartments der Milz unterschieden werden. 60% der Plasmazellen aus der Milz wurden bereits nach 10tägiger BrdU-Fütterung BrdU-positiv. Die anderen 40% der Plasmazellen blieben während des gesamten Fütterungszeitraumes von 12 Wochen BrdU-negativ.
Diese BrdU-negativen, langlebigen Plasmazellen sind resistent auf eine Hochdosistherapie mit Cyclophosphamid während die BrdU-positiven, proliferierenden Plasmablasten fast völlig verschwinden. Die Halbwertzeit der langlebigen Plasmazellen beträgt mehr als 6 Monate. In NZB/W- als auch in knock-in NZB/W-Mäusen, die transgen die schwere Immunglobulinkette D42 aufweisen und in Kombination mit der leichten Kette hochaffine Anti-dsDNA-Antikörper produzieren, sind ebenfalls mindestens 20% dieser autoreaktiven Plasmazellen langlebig.
Erstmals konnte mit diesen Experimenten die Existenz von langlebigen, autoreaktiven Plasmazellen, die trotz Immunsuppression weiter pathogene Autoantikörper produzieren, bewiesen werden. Langlebige, autoreaktive Plasmazellen stellen somit ein neues Ziel für die Therapie von Autoimmunerkrankungen dar.
Dr. Bert Maier und Dr. David Schubert vom Forschungsbereich T-Zell-Immunologie des Deutsches Rheuma-Forschungszentrum in Berlin erhalten den Avrion Mitchison Preis 2004 für ihre Arbeit in der gezeigt werden konnte, dass eine Immunisierung mit dem ubiquitär exprimierten glykolytischem Enzym Glukose-6-phosphat Isomerase (GPI) zu einer schweren peripheren, symmetrischen Polyarthritis in normalen Mäusen führt.
„Immunization with glucose-6-phosphate isomerase induces T cell-dependent peripheral polyarthritis in genetically unaltered mice“
Rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chronische entzündliche Erkrankung, die hauptsächlich die Gelenke betrifft. Die Autoantigene, die in chronisch entzündlichen Arthritiden wie RA erkannt werden, sind bisher nicht bekannt. Lange Zeit beschränkte sich die Suche nach arthritogenen Autoantigenen auf die Gelenke. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine Immunisierung mit dem ubiquitär exprimierten glykolytischem Enzym Glukose-6-phosphat Isomerase (GPI) zu einer schweren peripheren, symmetrischen Polyarthritis in normalen Mäusen führt.
Diese Arthritis ähnelt stark der rheumatoiden Arthritis beim Menschen. Der Verlauf der Arthritis ist gut vorhersagbar. Die Arthritis entwickelt sich 9-10 Tage nach Immunisierung, erreicht ihren Höhepunkt ungefähr an Tag 15 und nimmt dann langsam ab. Histologisch ist die Erkrankung charakterisiert durch eine frühe Synovitis gefolgt von einer Zerstörung des Knorpels und des Knochens im Gelenk. CD4+ Zellen sind sowohl für die Induktions- aber auch für die Effektorphase der Arthritis von entscheidender Bedeutung.
Eine Depletion von CD4+ Zellen führt zur Prävention bzw. zur Heilung der Arthritis. Obwohl die erkrankten Tiere hohe Antikörpertiter gegen GPI entwickeln, kann die Arthritis nicht durch Antikörpertransfer aus kranken Tieren in Empfängermäuse transferiert werden. Die GPI-induzierte Arthritis unterscheidet sich damit maßgeblich von der spontan auftretenden Arthritis in dem transgenem K/BxN Modell, wo Antikörper alleine pathogen sind. Trotzdem spielen Antikörper und ihre über Fc?-Rezeptoren vermittelten Funktionen in der GPI-induzierten Arthritis eine wichtige Rolle, da Tiere, die defizient für die gemeinsame ?-Kette der Fc?-Rezeptoren sind, eine Arthritis mit milderem Verlauf und geringerer Inzidenz entwickeln.
Dieses Modell erlaubt die Untersuchung der Induktions- und Effektorphase einer durch eine antigenspezifische Immunreaktion hervorgerufene Arthritis und ermöglicht die Evaluierung therapeutischer Strategien. Es konnte somit ein neues Modell für rheumatoide Arthritis etabliert werden, welches die Lücke zwischen dem sehr informativen aber möglicherweise etwas artifiziellen T-Zell Rezeptor transgenen K/BxN Modell und der komplexen humanen Situation verringert. Dieses Modell kann deshalb entscheidend dazu beitragen die pathologischen Mechanismen, die bei rheumatoider Arthritis eine Rolle spielen, näher zu untersuchen.
Dr. Anja E. Hauser von der AG Humorale Immunologie des Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin erhält den Avrion Mitchison Preis 2003 für ihre Forschungsarbeit zur „Chemotaxis of IgG secreting cells“.
Plasmazellen sind als Produzenten von Antikörpern wichtige Effektorzellen der humoralen Immunität. Diese Antikörper sezernierenden Zellen (ASZ) migrieren von den sekundären lymphatischen Organen (z.B. Milz) wo sie entstehen, ins Knochenmark und in chronisch entzündete Gewebe. Dort können sie persistieren und sorgen dadurch für die Aufrechterhaltung von Antikörpertitern. In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass Immunglobulin G (IgG) sezernierende ASZ, die nach einer Sekundärimmunisierung entstehen, ins Knochenmark wandern. Dieser Vorgang und vollzieht sich zum größten Teil innerhalb eines eng begrenzten Zeitraumes, nämlich zwischen Tag 3 und Tag 6 nach der Immunisierung. Zu diesem Zeitpunkt lässt sich bei den IgG-ASZ mit den Chemokinen CXCL9, CXCL10 und CXCL11 sowie CXCL12 Chemotaxis auslösen. Bei den drei erstgenannten handelt es sich um die Liganden des Chemokinrezeptors CXCR3, die als inflammatorische Chemokine gelten. CXCL12 dagegen gehört zur Gruppe der homöostatischen Chemokine und aktiviert CXCR4. Die Fähigkeit zur Chemotaxis der ASZ zu diesen Chemokinen ist transient und entspricht zeitlich der Translokationsphase der Zellen von der Milz ins Knochenmark. Während die ASZ aus Milz und Knochenmark am Tag 6 nach der Sekundärimmunisierung noch zu CXCR3- und CXCR4-Liganden migrieren, lässt sich an Tag 12 mit keinem der vier Chemokine eine Migration auslösen. CXCR4 wird zu diesem Zeitpunkt allerdings weiterhin an der Oberfläche der Plasmazellen exprimiert. Dies deutet darauf hin, dass CXCL12 neben der Auslösung von Chemotaxis weitere Funktionen bei Plasmazellen besitzt. Der CXCR3-Ligand CXCL10 wird vermehrt im chronisch entzündeten Gewebe von Mäusen mit einer Antikörper-vermittelten Autoimmunerkrankung exprimiert, die dem Systemischen Lupus Erythematodes ähnlich ist. Er spielt daher mit großer Wahrscheinlichkeit eine Rolle bei der Rekrutierung von ASZ ins entzündete Gewebe.
Dr. Jochen Hühn und Dr. Joachim Lehmann von der Experimentelle Rheumatologie der Charité der Humboldt-Universität zu Berlin erhalten den Avrion Mitchison Preis 2002 für ihre Forschungsarbeit zu „The expression of integrin aEß7 identies new CD4+ subsets of CD25+ and CD25 regulatory t-cells“.
Die Aufrechterhaltung immunologischer Toleranz, d.h. die Unterscheidung von Selbst und Fremd sowie von gefährlichen und ungefährlichen Antigenen (z.B. Nahrungsmitteln), ist eine wesentliche Aufgabe des Immunsystems. Seit Anfang der siebziger Jahre gibt es Evidenzen, dass T-Zellen mit suppressorischem Potential eine wichtige Rolle für die immunologische Toleranz spielen. Mitte der neunziger Jahre führte die Entdeckung, dass CD4+ T-Zellen, die das Molekül CD25 konstitutiv exprimieren (CD25+CD4+ T-Zellen), regulatorische Kapazität besitzen, zu einer Reinkarnation des Suppressor-T-Zell-Modells. Seitdem wurden diese Zellen intensiv untersucht und zahlreiche Mechanismen für die Wirkung dieser Zellen auf verschiedene Zweige des Immunsystems postuliert. Durch diese Arbeiten wurde deutlich, dass es sich bei den regulatorischen T-Zellen nicht um eine homogene Zellpopulation, sondern um ein heterogenes Zellgemisch mit mannigfaltigen Funktionen handelt.
Eine weitere Charakterisierung der regulatorischen T-Zellen gelang der Arbeitsgruppe Experimentelle Rheumatologie an der Charité mit der kürzlich publizierten Entdeckung, dass das Integrin aEb7 ein weiterer Marker für T-Zellen mit regulatorischer Funktion ist (PNAS 2002, 99:13031-36). Das Integrin unterteilt nicht nur die CD25+CD4+ regulatorischen T-Zellen in zwei funktionell divergente Subpopulationen (aE+CD25+ und aE-CD25+), sondern identifiziert auch eine bis dato unbekannte CD25-negative CD4+ T-Zellpopulation mit suppressorischem Potential (aE+CD25-). Darüber hinaus hat der Marker aEb7 den Vorteil, regulatorische T-Zellen unabhängig ihres Aktivierungszustandes identifizieren zu können, da das Integrin i.G. zu dem Molekül CD25 nicht nach Stimulation auf herkömmlichen T-Zellen exprimiert wird. Die drei regulatorischen T-Zellpopulationen weisen verschiedene Eigenschaften auf, die auf die Verwendung unterschiedlicher Suppressor-Mechanismen schließen lässt. In mehreren experimentellen Ansätzen konnte gezeigt werden, dass insbesondere die aE+CD25+, aber auch die aE+CD25- CD4+ T-Zellen ein hohes suppressorisches Potential besitzen. In einem Mausmodell konnten diese Zellen bei der Unterdrückung einer induzierten Darmentzündung (Colitis) erfolgreich eingesetzt werden. Das hohe suppressorische Potential dieser T-Zellen sowie die etablierten Protokolle zur Isolation solcher Zellen lassen eine Therapie von verschiedenen Autoimmunerkrankungen mit regulatorischen T-Zell-Transplantaten möglich erscheinen. Bisher gibt es in der Literatur jedoch nur zahlreiche Daten, welche die Induktion, d.h. die Entstehung, von Autoimmunerkrankungen durch regulatorische T-Zell-Transplantate verhindern, aber es fehlen noch eindeutige Evidenzen, dass auch die Suppression schon bestehender inflammatorischer Erkrankungen möglich ist. Ob das hohe suppressorische Potential der aE+CD25+ CD4+ T-Zellen dafür besonders geeignet ist, muss erst durch weitere Experimente überprüft werden. Derzeit untersucht die Arbeitsgruppe Experimentelle Rheumatologie, ob es humane Homologe der im murinen System entdeckten regulatorischen T-Zellpopulationen gibt.
Dr. Marcus K. Odendahl vom Deutsches Rheuma-Forschungszentrum in Berlin erhält den Avrion Mitchison Preis 2001 für seine Forschungsarbeit zur „Disturbed peripheral B lymphocyte homeostasis in systemic lupus erythematosus“.
„Disturbed peripheral B lymphocyte homeostasis in systemic lupus erythematosus“
Systemischer Lupus erythematodes (SLE) ist eine Autoimmunerkrankung, die durch fehlgeleitete Immunreaktionen gegen körpereigene Strukturen hervorgerufen wird. Eine Heilung ist heute noch nicht möglich, jedoch kann der Fortgang der Krankheit aufgehalten werden. Dazu müssen die Krankheitsschübe frühzeitig erkannt werden. In der preisgekrönten Arbeit wird eine neue Methode vorgestellt, die zu dieser Frühdiagnostik entscheidend beitragen kann. Dabei werden im Blut der Patienten die Zellen untersucht, die an der Autoimmunreaktion beteiligt sind. Marcus Odendahl hat eine Färbemethode zum Nachweis der autoreaktiven Zellen entwickelt. Dadurch können diese Zellen mit einer automatisierten Mikroskopie, der Durchflusszytometrie, erkannt werden. Die Methode hilft nicht nur, Krankheitsschübe zu erkennen, sondern erlaubt es auch, den Erfolg der Behandlung zu beobachten. Und nicht zuletzt ermöglicht die neue Methode auch, die Zellen, die an der Krankheit beteiligt sind, aus dem Blut zu isolieren und genau zu untersuchen. Daraus werden sich vermutlich wichtige Erkenntnisse zur Entstehung von Systemischem Lupus erythematodes und anderen Autoimmunerkrankungen gewinnen lassen.
Dr. Anne Richter und Dr. Max Löhning vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin erhalten den Avrion Mitchison Preis 2000 für ihre Forschungsarbeit zum „Cytokine memory in T helper lymphocytes“.
By selective expression of cytokines, T helper (Th) lymphocytes contribute to the pathology of many rheumatic disorders. Even the most advanced therapies fail in the durable modulation of the cytokine repertoire of established diseases because Th cells, upon restimulation by antigen, recall the expression of those cytokines for which they had been instructed in earlier activations, in the absence of cytokine-inducing or even in the presence of adverse factors. We show here that the molecular basis for this cytokine memory is an epigenetic and transcriptional imprinting of the Th cell.
Blocking the cell cycle of Th cells activated for the first time by antigen, costimulation, and cytokine-inducing signals, we could show that for the instruction to memorize expression of interleukin-4 (IL-4) and IL-10, Th cells have to enter the S phase of the first cell cycle after their primary activation. This points to a critical role of epigenetic DNA modifications during DNA replication in the induction of cytokine memory. For the induction of IL-4 memory, concomitant signaling through the T cell receptor and the IL-4 receptor is required. The signals are induced independently of progression into the S phase, can be stored for at least one day, and commit the cell for IL-4 memory when entering the initial S phase.
Induction of IL-4 memory can also occur independent of IL-4 receptor signaling, as can be shown in signal transducer and activator of transcription 6 (Stat6)-deficient Th cells. Using the cellular affinity matrix technology, we have isolated viable IL-4-secreting and non-secreting Th cells from Stat6-deficient mice. In contrast to the IL-4-negative T cells, the IL-4-positive T cells stably expressed high levels of the Th2-specific transcription factor GATA-3. Accordingly, retrovirally introduced expression of exogenous GATA-3 in Stat6-deficient Th cells induced their differentiation into IL-4-secreting Th2 cells. Furthermore, it induced expression of endogenous GATA-3, thus revealing an autoregulatory loop controling GATA-3 expression levels and stabilizing Th2 differentiation and memory.
This epigenetic and transcriptional stability may explain why it proved so difficult to redirect Th cell cytokine expression. Changing epigenetic modifications of cytokine genes and modulating GATA-3 expression levels may serve as future targets for redirecting an established cytokine memory in chronic immune reactions and immunopathology.
References
Richter, A., M. Löhning, and A. Radbruch. 1999. Instruction for cytokine expression in T helper lymphocytes in relation to proliferation and cell cycle progression. J. Exp. Med. 190:1439-1450. Löhning, M., W. Ouyang, Z. Gao, M. Assenmacher, S. Ranganath, A. Radbruch, and K.M. Murphy. 2000. Stat6-independent GATA-3 autoactivation directs IL-4-independent Th2 development and commitment. Immunity 12:27-37.
Verena Moos
„Cytokine expression and regulation in osteoarthritic human cartilage“
To examine the role of chondrocytes in the pathogenesis of OA, we compared the expression of the cytokines interleukin-1 (IL-1), tumour necrosis factor a (TNFa), IL-4, IL-6, IL-10 and interferon g (IFNg) and of the growth factors transforming-growth-factor (TGFb1), platelet-derived-growth-factor (PDGF) and insulin-like-growth-factor (IGF) in cartilage of OA-patients and healthy controls.
OA cartilage reveals a significantly enhanced expression of cytokines and growth factors compared to healthy cartilage leading to two distinct expression patterns. The TNFaHi- phenotype exhibits a high expression of TNFa and IL-6, the TNFaLo-phenotype shows an opposite expression pattern with a high IL-1b-, TGFb1-, IL-4- and IL-10- expression.
Both patient groups demonstrate in spite of a much higher expression of TNFa within cartilage of the TNFaHi- phenotype compared to IL-1b in the cartilage of the TNFaLo-phenotype equivalent grades of cartilage destruction, demonstrating the higher biologic activity of IL-1b. Since activated chondrocytes are able to express all the cytokines and growth factors known to be involved in cartilage metabolism, they seem to participate actively in the pathogenesis of OA. Most cytokines and growth factors were detected in the middle to deep layers of OA-cartilage and the exclusive location of IGF I in the superficial layers of the tissue was the only exception.
We were able to confirm a bilateral stimulation of TNFa_and IL-6 on the one hand and of_IL-1b, IL-4, IL-10 and TGFb1 on the other hand. IL-4, IL-10 and TGFb1 reduced the amount of IL-6 synthesized and TNFa was able to inhibit the synthesis of cytokines characteristic of the TNFaLo-phenotype.
For both phenotypes an association with distinct genotypes was found: the TNFaLo-phenotype revealed a statistically significant association with alleles 2 of IL-1b leading to the characteristic enhancement of IL-1b-expression, as well as of IL-6 which causes a reduction of IL-6 secretion. In contrast to that we were able to confirm a statistic significant correlation of allele 2 of IL-1 receptor antagonist (IL-1Ra), responsible for an enhanced expression of the antagonist, with the TNFaHi-phenotype. Our data demonstrate that genes coding for IL-1Ra, IL-1b and IL-6 and their gene products that contribute to the balance between synthesis and degradation of articular cartilage, could have an important influence on the development of OA.