Tierversuche

Tierwohl und gute Forschung gehen Hand in Hand

Forschungsschwerpunkte am DRFZ

Rund 10 % der Bevölkerung leiden unter Autoimmunkrankheiten wie Rheuma, Schuppenflechte, Lupus Erythematosus, Darmentzündungen oder Multipler Sklerose, um nur einige zu nennen. Invalidität und Schmerz werden zum täglichen Begleiter. Schlimmer noch: Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass diese Patient*innen zudem an Krebs erkranken und früh versterben.

Die bisher verfügbaren Medikamente müssen lebenslang eingenommen werden und können diese chronischen Erkrankungen höchstens abmildern, aber nicht heilen. Selbst die bislang wirksamsten Medikamente sind lediglich dazu in der Lage, die Mechanismen der Entzündung temporär zu unterbrechen, nicht jedoch ihre Ursachen zu beseitigen. Darüber hinaus sind viele Therapien mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden, da sie aufgrund der Art der Erkrankung zentral angreifen müssen und damit das Immunsystem stark unterdrücken. Dies führt langfristig zu Unverträglichkeiten oder sogar Therapieversagen. Daher erforschen die Wissenschaftler*innen am DRFZ die Ursachen dieser Erkrankungen, wobei Tierversuche noch immer unverzichtbar sind.

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Leibniz-Wissenschaftler*innen betreiben Grundlagen- und angewandte Forschung mit dem Ziel, Wege zur Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu entwickeln. Rund 20 Leibniz-Institute, vor allem im Bereich der Lebenswissenschaften, sind bei ihrer Arbeit auf Tierversuche angewiesen. Sie streben danach, durch ihre Grundlagenforschung neue Behandlungen, Medikamente und Technologien zur Bekämpfung von Volkskrankheiten, aber auch zur Verbesserung des Wohlbefindens der Tiere, zum Beispiel in der Landwirtschaft, zur Verfügung zu stellen.

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Rechtlicher Rahmen
  • 2010 gab es eine Novellierung der „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere“ (2010/63/EU), mit dem Ziel, die zum Teil stark auseinandergehenden Regelungen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu vereinheitlichen.
  • Tierversuche sind in Deutschland durch das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Versuchstierverordnung geregelt, wobei Deutschland eines der strengsten Tierschutzgesetze weltweit hat. Im Jahr 2002 wurde der Tierschutz sogar als Staatsziel ins Grundgesetz (Artikel 20a) aufgenommen.
  • Jeder Tierversuch muss zunächst von der zuständigen Behörde (in Berlin: LAGeSo) genehmigt werden, wobei der wissenschaftliche Nutzen begründet dargelegt werden muss.
  • Zum Antragsverfahren gehört neben einer umfangreichen Literaturrecherche auch eine biometrische, also mathematische Planung der einzusetzenden Tierzahl, so dass diese limitiert ist.
  • Tierversuche dürfen nur durch speziell ausgebildete und geschulte Personen durchgeführt werden. Sie unterliegen dabei der ständigen Kontrolle der Tierschutzbeauftragten und der zuständigen Behörde.
  • Jeder Tierversuch wird protokolliert und die Anzahl der verwendeten Tiere jährlich der zuständigen Behörde gemeldet.

Tierzucht & Haltung

Das DRFZ betreibt eine hochmoderne Tierhaltung mit einer Vielzahl unterschiedlicher Mausstämme. Vor allem genetisch modifizierte Mäuse sind ein wichtiger Bestandteil der biomedizinischen Forschung am DRFZ. Die Anlage besteht aus einer tierexperimentellen Einheit in Berlin Mitte und einer separaten Zuchtanlage in Berlin Marienfelde. Speziell ausgebildete Tierpfleger*innen und Tierärzt*innen garantieren optimale Haltungsbedingungen und deren Überwachung im Sinne des Tierschutzes. Dabei unterstützt sie der regelmäßig tagende Tierschutz-Ausschuss.

Eine innovative Datenbank ermöglicht es, Zuchtzahlen adäquat und schnell auszuwerten, um benötigte Tierzahlen auf ein Mindestmaß zu beschränken und etwaige überzählige Tiere weitgehend zu vermeiden.

Die Art der in Tierversuchen verwendeten Tiere besteht aus einer Abwägung zweier Kriterien: die Verwendung der Spezies, die am wenigsten unter den Versuchseinwirkungen leidet, gleichzeitig jedoch am relevantesten für die jeweilige Fragestellung ist.

Am DRFZ wird ausschließlich mit Mäusen gearbeitet. Unter anderem ist die Genetik, Anatomie und Physiologie von Mäusen der des Menschen evolutionsbiologisch sehr ähnlich und bietet somit eine wichtige Grundlage zur Erforschung von Krankheiten. Ein Großteil der Mäuse am DRFZ ist durch spezielle Zuchtverfahren oder durch gentechnische Eingriffe genetisch verändert. Dadurch können spezifische Merkmale einer humanen Erkrankung hervorgerufen und entsprechend zielgerichtet untersucht werden. Einige Mausstämme entwickeln Krankheitsgeschehen, die denen des Menschen sehr ähnlich sind und können somit zur präklinischen Testung neuartiger Therapien eingesetzt werden. Bei vielen Fragestellungen wird jedoch das Krankheitsbild des Menschen nicht 1:1 abgebildet, da es zielführender ist, spezifische Komponenten, die für das resultierende Krankheitsbild verantwortlich sind, isoliert zu untersuchen. Durch gezieltes Ausschalten einzelner Gene in sogenannten Knock-out-Mäusen kann ihr Einfluss beispielsweise auf ein Entzündungsgeschehen getestet werden. Dies hilft, die molekularen Ursachen von Autoimmunerkrankungen besser zu verstehen und somit neue, hochspezifische Therapien zu entwickeln.

Die Mäuse am DRFZ werden in Gruppen, nach Geschlecht getrennt, gehalten. Die Käfige werden mit Pappelgranulat ausgebettet. Als Unterschlupfmöglichkeit dient ein rotes Plastikhäuschen. Aufgrund des besonderen Farbsehens der Maus ist dieses für sie innen dunkel, da sie Licht im roten Bereich nicht wahrnehmen kann. Umgekehrt allerdings haben Tierpfleger und Wissenschaftler so die Möglichkeit, die Tiere ungestört in Augenschein zu nehmen und somit ihr Wohlbefinden überprüfen zu können, ohne die Käfigruhe zu stören. Die Tiere erhalten pelletiertes Komplettfutter und Wasser zur freien Verfügung. Des Weiteren werden in jedem Käfig Nistmaterial aus Zellstoff und Watte sowie Beißhölzer zum Knabbern zur Verfügung gestellt.

   

Damit die Tiere ihr natürliches exploratives Verhalten ausleben können, recherchieren die Tierärzt*innen am DRFZ kontinuierlich nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten, die den Tieren zusätzlich zur Grundausstattung abwechselnd angeboten werden – so kommt keine Langeweile auf.

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Moderne Technik für effizientes Zuchtmanagement und Tierschutz

Im Sinne des Tierschutzes sowie der Reproduzierbarkeit von Experimenten ist die Einhaltung eines definierten Gesundheitsstatus (spezifiziert pathogenfrei; SPF) in unserer Tierzuchtanlage unerlässlich. Der Gesundheitsstatus der Mäuse wird in regelmäßigen Abständen gemäß internationalen Standards überprüft. Um das Eindringen von Krankheitserregern zu verhindern, ist die Anlage mit Hygieneschranken für das Personal ausgestattet und alle Materialien werden beim Einschleusen sterilisiert.

Mehr zur Embryotechnologie am DRFZ

Sachkunde & Fortbildungspflicht

Das DRFZ bietet ein von Tierärzt*nnen und Mitarbeiter*nnen mit jahrelanger Erfahrung durchgeführtes Trainingsprogramm an, um Nachwuchswissenschaftler*nnen nach FELASA-Richtlinien, geltender Gesetzgebung und unter Berücksichtigung des Tierschutzes für den Umgang mit den Tieren und ihre tierexperimentellen Tätigkeiten auszubilden. Dieses umfasst einen theoretischen sowie einen praktischen Teil. Nach einer Prüfung wird die erfolgreiche Teilnahme wird mit einem Zertifikat bescheinigt. Erst nach Bestehen eines solchen Basisfachkundekurses ist der Umgang mit einem Tier gestattet.

Um Tierzahlen zu reduzieren und zu erlernende Methoden zu verbessern, erhalten die Teilnehmer*innen im theoretischen Teil eine intensive Schulung anhand von Bild- und Videomaterial. Hier werden die Erkennung und Einordnung von Belastungen, Handlungsmöglichkeiten, aber auch rechtliche Grundlagen und vieles mehr geschult. Zu jedem Themengebiet müssen die Teilnehmer*innen kleine Prüfungen bestehen. Erst der erfolgreiche Abschluss ermöglicht eine Teilnahme am praktischen Teil. Aber auch in der Praxis üben die Teilnehmer*innen vorerst am Dummy. Erst wenn die Methoden sicher beherrscht werden und ein tierartgerechtes Handling der Tierart Maus erlernt wurde, dürfen die Forschenden mit lebenden Tieren arbeiten.

Darüber hinaus werden für alle mit Tieren arbeitenden Mitarbeiter*innen regelmäßige Schulungen und Fortbildungen hinsichtlich des Versuchstierschutzes und des 3R-Prinzips durch die Tierärzt*innen initiiert und durchgeführt.

 

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