Medikamentensicherheit
Wie sicher und wirksam sind neue Therapien in der klinischen Routine?
Werden neue Medikamente zugelassen, muss sich ihre Sicherheit und Wirksamkeit im Alltag erst noch erweisen. Denn Patientinnen und Patienten in der Routineversorgung leiden häufiger an weiteren Erkrankungen, sind älter und oft auch eingeschränkter hinsichtlich ihrer körperlichen Funktion als solche , die in klinischen Studien eingeschlossen werden. Besonders die langfristige Sicherheit der manchmal zeitlebens angewandten Therapien lässt sich, aufgrund der kurzen Zeitdauer klinischer Studien, bei der Zulassung nicht beurteilen.
Viele Fragen, die sich ein Arzt bei der Verordnung neuer Therapien stellt, bleiben unbeantwortet.
Die Arbeitsgruppe Pharmakoepidemiologie versucht, möglichst viele dieser Wissenslücken in der Rheumatologie mit den Ergebnissen ihrer Register zu schließen.
RABBIT
Das bislang bedeutendste Register ist die Langzeit-Kohortenstudie RABBIT. In dieser Beobachtungsstudie werden seit dem Jahr 2001 Patientinnen und Patienten eingeschlossen, die eine neue Therapie (entweder mit einem Biologikum, Biosimilar oder JAK-Inhibitor) beginnen, oder, als Kontrollgruppe, von einer konventionellen Therapie zu einer anderen wechseln. Über 20.000 Erkrankte mit rheumatoider Arthritis wurden bereits eingeschlossen. Ihre Daten werden für mindestens fünf und oftmals sogar zehn Jahre regelmäßig von etwa 450 Rheumatologinnen und Rheumatologen in ganz Deutschland dokumentiert.
RABBIT gehört zu den weltweit größten Biologika-Registern.
Ergebnisse aus RABBIT
- Gemeinsamen mit den bundesweiten Einrichtungen führen wir Analysen durch, wie z.B. das Auftreten des malignen Melanoms. So konnten wir eine zuvor berichtete Risikoerhöhung unter Therapie mit TNF Inhibitoren entkräften.
- Auch das Ergebnis einer Analyse zum Auftreten von Lymphomen unter Biologika-Therapie stimmt zuversichtlich: unter Einbeziehung von fast 600 000 Patientenjahren unter Beobachtung war das Risiko im Vergleich zur konventionellen Standardtherapie nicht erhöht.
- Ein anderes Risiko wird durch die Daten von RABBIT jedoch bestätigt: Im Zusammenhang mit der Gabe von Biologika steigt die Gefahr, eine schwerwiegende Infektion zu erleiden, um etwa 80 Prozent im Vergleich zu konventioneller Therapie. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass sowohl eine starke Krankheitsaktivität wie auch eine dann oft zusätzlich verabreichte hohe Dosis von Glukokortikoiden das Infektionsrisiko ebenfalls erhöhen. Sobald es jedoch gelingt – etwa mit einer Biologika-Therapie – die Krankheitsaktivität abzuschwächen, die Glukokortikoid-Dosis zu reduzieren und die körperliche Funktionsfähigkeit des Betroffenen zu verbessern, sinkt auch das Infektionsrisiko.
- Das Risiko einer Sepsis oder an einer schweren Infektion zu sterben ist in Erkrankten, die zum Zeitpunkt der Infektion ein biologisches Mittel erhalten haben, signifikant verringert.
- Durch RABBIT-Daten ließ sich der Verdacht ausräumen, dass TNF-Inhibitoren die Entwicklung einer Herzinsuffizienz begünstigen. Wir konnten vielmehr zeigen, dass der Einsatz dieser Biologika sowohl die Verschlechterung einer bestehenden wie auch das Auftreten einer neuen Herzinsuffizienz verhindern kann.
- Bezüglich des Herzinfarktes zeigten wir, dass nicht eine Biologika-Therapie, sondern vor allem die hohe Entzündungsaktivität der rheumatischen Erkrankung das Risiko für das Ereignis erhöht.
- Dies gilt in gleichem Maße für das Auftreten eines Schlaganfalls.
RABBIT-Risikoscore
Der RABBIT Risikoscore ermöglicht eine individuelle Risikoabschätzung des Auftretens schwerwiegender Infektionen innerhalb der nächsten 12 Monate. Dies erfolgt anhand von Angaben zu Alter, Begleiterkrankungen, bisherigen Therapieversuchen und aktueller Begleittherapie.
Der Score ist frei zugänglich.
RABBIT-SpA
Seit 2017 werden in diesem webbasierten Beobachtungsregister vergleichbar zu RABBIT Daten von Patientinnen und Patienten mit axialer Spondyloarthritis (axSpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA) erhoben, um die Wirksamkeit und Sicherheit der eingesetzten Therapien im langfristigen Verlauf zu untersuchen.
Rhekiss - Rheuma, Kinderwunsch und Schwangerschaft
Das Rhekiss Register beobachten den Verlauf und Ausgang von Schwangerschaften bis zum zweiten Geburtstag des Kindes bei Patientinnen mit verschiedenen entzündlich-rheumatischen Krankheiten, die unterschiedliche Therapien erhalten. Mithilfe dieser Informationen soll die Sicherheit in der Betreuung schwangerer Patientinnen mit rheumatischen Erkrankungen erhöht und die Beratung dieser Patientinnen bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft erleichtert werden.
Datenerhebung 2.0
Im Gegensatz zu dem papierbasierten RABBIT Register ist Rhekiss ein webbasiertes Register. Die Patientinnen füllen ihre Fragebögen via Tablet, Computer oder Smartphone-App aus, die ärztliche Dokumentation erfolgt am Computer in der rheumatologischen Einrichtung. Die Resonanz ist überwältigend: mittlerweile wurden bereits mehr als 1650 Patientinnen in das Register aufgenommen, davon mehr als 600 im Kinderwunsch-Modul. Von über 1000 Schwangerschaften ist der outcome bekannt.