Die Multiple-Sklerose, eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems, beginnt bei den meisten Patienten zunächst schubartig und nimmt dann einen stetig fortschreitenden Verlauf. Zur Entstehung der Krankheit trägt oxidativer Stress, also die übermäßige Erzeugung von freien Sauerstoffradikalen, nach vorherrschender Überzeugung wesentlich bei. Ähnliche Vorgänge finden auch während anderer chronisch-entzündlichen Erkrankungen statt, wie z.B. SLE (Lupus).
Wir haben eine Technologie entwickelt, die Multi-Photonen-Mikroskopie und Fluoreszenzlebensdauer-Bildgebung der zelleigenen Moleküle NADH und NADPH (zusammenfassend als NAD(P)H bezeichnet) vereint, um den Energiehaushalt von Zellen sowohl in Kultur als auch in lebenden Organismen beobachten zu können. Dabei konnten wir die spezifische Aktivität relevanter NAD(P)H-abhängiger Enzyme visualisieren, unter anderen, denen Enzymen, die zum oxidativen Stress führen – und zwar sowohl in Zellen von MS-Patienten als auch an Versuchstieren. Wir konnten zeigen, dass diese NAD(P)H-abhängigen Enzyme, sogenannte NADPH-Oxidasen, an der Bildung eines Gedächtnisses für oxidativen Stress in den späten Phasen der Erkrankung beteiligt sind. Zu den gehirneigenen Zellen, in den NADPH-Oxidasen aktiviert sind, gehören die Astrozyten und die Mikroglia und das, selbst wenn in Gehirn keine Zellen des Immunsystems mehr zu finden sind. Dies führt zu einer anhaltenden Schädigung der Nervenzellen und somit zur dauerhaften Beeinträchtigung der Patienten.
Wir vermuteten, dass Antikörper gegen Bestandteile des Hirngewebes für das Gedächtnis des oxidativen Stresses im chronisch entzündeten Gehirn verantwortlich sind. Diese Antikörper könnten von langlebigen Plasmazellen produziert werden, die im Gehirn von MS-Patienten und Versuchstieren gefunden wurden. Mit Hilfe unserer Methode konnten wir zeigen, dass solche Antikörper zu einer starken Aktivierung der NADPH Oxidasen im Hirngewebe von Epilepsiepatienten führt.