Klonales Immungedächtnis im angeborenen Immunsystem
Die Bekämpfung akuter Infektionen wird durch die drastische Vermehrung zuvor seltener Antigen-spezifischer Zellen des erworbenen Immunsystems ermöglicht. Durch diese sogenannte klonale Expansion entstehen innerhalb kürzester Zeit viele identische Lymphozyten, die Krankheitserreger effektiv bekämpfen. Diese Zellen können zum Teil viele Jahre überleben und damit ein langlebiges Immungedächtnis ausbilden. In einer kürzlich in Nature Immunology veröffentlichten Arbeit beschreiben Wissenschaftler:innen um Chiara Romagnani und Timo Rückert nun ihre überraschende Entdeckung, dass auch Natürliche Killer (NK) Zellen des angeborenen Immunsystems mittels klonaler Expansion ein langlebiges Immungedächtnis gegen das humane Zytomegalievirus (HCMV) ausbilden.
Die Gruppe hatte in einer früheren Arbeit gezeigt, dass auch NK Zellen spezifisch virale Antigene von HCMV erkennen. Diese binden an den Rezeptor CD94/NKG2C, aktivieren dadurch die NK Zellen und bewirken so deren Weiterentwicklung zu adaptiven NK Zellen. An diese Ergebnisse anknüpfend konnten die Forschenden nun nachweisen, dass diese spezifische Aktivierung in Kombination mit entzündungsfördernden Botenstoffen das entzündliche Gedächtnis der NK Zellen dauerhaft beeinflusst. Die NK Zellen werden epigenetisch geprägt, d.h. die Zugänglichkeit ihrer DNA verändert sich so, dass bestimmte Gene dauerhaft an oder abgeschaltet werden, was die Eigenschaften und Funktionen der Zellen beeinflusst. Besonders überraschend war, dass die so geprägten adaptiven NK Zellen in HCMV-infizierten Menschen dauerhaft über Jahre als klonale Expansionen erhalten bleiben.
Diese Erkenntnisse werfen viele neue Fragen zu den Selektionsfaktoren und der Rolle epigenetischer Merkmale in der klonalen Konkurrenz von Immunzellen auf, warum sich also einzelne NK Zellen stärker vermehren als andere. Diese und andere Fragen werden im Rahmen eines kürzlich an Chiara Romagnani verliehenen ERC Advanced Grant untersucht. Neben seiner Bedeutung für virale Infektionen, könnte das entzündliche Gedächtnis von NK Zellen außerdem auch für chronisch-entzündliche Erkrankungen relevant sein, was die Gruppe im Zusammenhang mit juveniler idiopathischer Arthritis erforscht.